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Pinsa-mehl: unterschiede und hintergründe erklärt

In den Vorratskammern der besten römischen Pizzabäcker versteckt sich eine stille Revolution. Neben den traditionellen Säcken mit Mehl Typ 00 tauchen Mischungen auf, die eher aus einem Forschungslabor als aus einer Mühle zu stammen scheinen. Weizen, Reis, Soja: drei Getreidearten, die vor zwanzig Jahren niemand für eine römische Pizza kombiniert hätte. Doch diese unwahrscheinliche Dreifaltigkeit definiert das Konzept des Teigs neu, verwandelt Schwere in Leichtigkeit, Tradition in Innovation. Es ist die Geschichte davon, wie angewandte Chemie in der Gastronomie etwas erschaffen hat, was unsere Großeltern sich nie hätten vorstellen können, was aber heute Gaumen von Rom bis Berlin erobert.

Das siegreiche trio: wenn drei Mehle eines schlagen

Die Monokultur des Weizens in der italienischen Backkunst schien ein unantastbares Dogma. Dann kam jemand, der es wagte, anders zu denken. Weizen bleibt die Basis, das Fundament zum Aufbauen: Er bringt Struktur, Elastizität, jenes Glutennetzwerk, ohne das der Teig kollabieren würde. Aber allein reicht er nicht mehr. Soja betritt die Bühne wie ein Nebendarsteller, der die Show stiehlt: pflanzliche Proteine, die weich machen, die den Teig seidig für Hände und Gaumen werden lassen. Reis, scheinbar der Eindringling der Gruppe, entpuppt sich als transformatives Element: Er ermöglicht eine undenkbare Hydratation, schafft jene oberflächliche Knusprigkeit, die wunderbar mit dem weichen Inneren kontrastiert.

Wer alles über Pinsa Mehl verstehen will, muss bei dieser revolutionären Synergie beginnen. Es ist keine simple Addition von Zutaten, sondern eine Multiplikation von Möglichkeiten. Weizen allein benötigt 60% Hydratation; die Mischung erreicht 80% ohne zu kollabieren. Soja fügt 13% Proteine hinzu gegenüber 10-11% bei reinem Weizen. Reis bringt verschiedene Stärkearten, die bei unterschiedlichen Temperaturen gelatinieren und geschichtete Texturen schaffen, die mit einem einzigen Mehl unmöglich wären.

Traditionelle Pizzabäcker rümpften die Nase. „Das ist keine echte Pizza“, sagten sie. Sie hatten recht: Es war keine Pizza, es war Evolution der Pizza. Wie das Mobiltelefon kein schnurloses Festnetztelefon ist, sondern etwas kategorial Anderes.

Die hydratation, die alles verändert: von 60% auf 80%

Wasser ist die am meisten unterschätzte und doch entscheidendste Zutat. Wenn ein Teig von 60% auf 80% Hydratation steigt, ändert sich nicht nur die Konsistenz: Die Physik des Produkts ändert sich. Mehr Wasser bedeutet mehr Dampf beim Backen. Mehr Dampf bedeutet größere Alveolen, offenere Struktur, jene Leichtigkeit, die den Unterschied macht zwischen sich satt und sich beschwert fühlen.

Aber so viel Wasser zu handhaben erfordert Kompetenz und Geduld. Der Teig wird lebendig, fast flüssig in den ersten Phasen. Unerfahrene Hände verfluchen ihn, versuchen ihn zu bändigen, indem sie Mehl hinzufügen und das Gleichgewicht ruinieren. Wer durchhält, entdeckt, dass nach 24 Stunden die Magie beginnt: Das Gluten organisiert sich, das Wasser wird absorbiert, die Struktur bildet sich. Nach 48 Stunden ist der Teig verwandelt. Nach 72 oder sogar 120 Stunden ist er ein biochemisches Kunstwerk.

Der getrocknete Sauerteig in der Di Marco-Mischung fügt eine weitere Dimension hinzu. Es ist nicht nur Gärung, sondern komplexe Fermentation. Milchsäurebakterien produzieren organische Säuren, senken den pH-Wert, verdauen Proteine und Stärke vor. Das Ergebnis? Ein Produkt, für das der Magen dankbar ist, das nicht aufbläht, das sich mit der Leichtigkeit eines Grissini verdaut, aber mit der Befriedigung einer Pizza.

Von der römischen teglia zur pinsa: evolution einer idee

Die römische Pizza in der Teglia hatte schon immer eine klare Identität: knusprig, dünn, praktisch. Perfekt zum Schneiden, ideal zum Mitnehmen, demokratisch im Preis. Aber Di Marco sah weiter. Er nahm diese Praktikabilität und erhob sie. Die Teglia wird zum Format, nicht zur Begrenzung. Die Knusprigkeit wird zur Eigenschaft, nicht zum Kompromiss.

Das Geheimnis liegt in der Haltbarkeit an der Theke. Eine traditionelle Pizza ist nach einer Stunde Gummi. Die Pinsa in der Teglia mit der Mehlmischung bleibt stundenlang knusprig. Sie saugt sich nicht mit Belag voll, wird nicht weich, behält Struktur und Würde auch im Lieferkarton. Für Gastronomen ist es eine operative Revolution: weniger Verschwendung, mehr Flexibilität, zufriedenere Kunden.

Die Vielseitigkeit erstreckt sich über das Format hinaus. Derselbe Teig wird zur ovalen Pinsa für den Tischservice, zur rechteckigen Teglia für die Schnitttheke, zu kleinen Formaten für den Aperitif. Es ist ein System, kein Produkt. Ein Ansatz zur Backkunst, der Grenzen in Chancen verwandelt.

Praktische tipps zur richtigen mehlauswahl

Die Wahl des Mehls ist nicht mehr binär – Typ 0 oder 00 – sondern multidimensional. Für Anfänger bietet die klassische Di Marco-Mischung Sicherheit: getestete Proportionen, garantierte Ergebnisse. Für Experimentierfreudige öffnen Varianten mit unterschiedlichen Reis- oder Soja-Anteilen unerforschte Territorien. Der häufigste Fehler? Diese Mehle wie normale zu behandeln. Sie erfordern mehr Zeit, mehr Wasser, mehr Respekt.

Temperatur und Luftfeuchtigkeit werden zu kritischen Variablen. Im Sommer reift der Teig schneller, im Winter braucht es extra Geduld. Kaltes Wasser verlangsamt, lauwarmes beschleunigt. Jeder Pizzabäcker muss sein Gleichgewicht finden, seine Routine, seinen Rhythmus.

Die Zukunft verspricht weitere Innovationen. Hülsenfruchtmehle für mehr Proteine, Pseudogetreide für Zöliakiebetroffene, alte Getreidesorten für Nostalgiker. Aber das Prinzip bleibt: Nicht die Tradition definiert die Qualität, sondern das Ergebnis. Und wenn das Ergebnis eine Pizza ist, die stundenlang knusprig bleibt, die sich ohne Schwere verdaut, die befriedigt ohne zu beschweren, dann ist es vielleicht Zeit, neu zu definieren, was Tradition bedeutet. Denn wahre Traditionen sind nicht die, die versteinern, sondern die, die sich entwickeln und dabei ihre Essenz bewahren. Wie die römische Pizza, die vom populären Street Food zur gastronomischen Erfahrung wurde, ohne ihre Seele zu verlieren.